Autorenlesung mit Tilman Röhrig: achtmal für die Acht

An der typischen Gestik erkennt man den ausgebildeten Schauspieler.

Das Publikum hört aufmerksam zu.

"Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn ich keine roten Haare hätte". ˗ Seit nunmehr acht Jahren zieht der im Hunsrück geborene und in Köln lebende Autor die Schülerinnen und Schüler unseres achten Jahrgangs mit diesem Satz langsam, aber sicher in den Bann seiner Erzählung "Thoms Bericht" (1973), die an Faszination in den Jahren nichts verloren hat.

Der Erzähler Thom ist 14 Jahre alt und schreibt ein nachträgliches Tagebuch über seine schwierige Kindheit in einer Pfarrersfamilie, die von der Mutter verlassen wird. Als Ich-Erzähler gewährt er Einblicke in sein kindliches Gemüt, die jede und jeder Jugendliche gut mitfühlen kann.

Die 90-minütige Lesung ist auch deshalb immer wieder etwas Besonderes, weil die Schülerinnen und Schüler nicht nur Thoms Geschichte Stück für Stück besser kennenlernen, sondern auch vielseitiges Hintergrundwissen von einem gestandenen Experten der Schrifstellerei erfahren.

So erfuhren sie zum Beispiel, dass er bereits Hörspiele und Drehbücher, z. B. für "Löwenzahn" geschrieben hat, als bevorzugtes Genre aber historische Romane verfasst (z. B. "Tilman Riemenschneider" (2008), "Die Flügel der Freiheit" (2017) ), dass auch fiktive Figuren in seinen Geschichten einen ausführlichen Steckbrief haben und er ein ganzes Jahr lang recherchiert, bevor er sie zum Leben erweckt.

Dazu gehört ebenfalls, dass von 100 Schriftstellern nur 6 vom Schreiben leben können, wer alles an einer Roman-Auflage mitverdient, dass seine Bücher in 15 - 20 Sprachen, auch ins Japanische!, übersetzt sind und dass die Schwierigkeit darin besteht, die Geheimnisse der einen Sprache in die Geheimnisse der anderen zu übersetzen.

Der anstrengende Tagesablauf des Schriftstellers, der von der strikten Strukturierung lebt, und die Bekämpfung von Schaffenskrisen durch Fensterputzen interessierten die Zuhörenden ebenfalls.

Und last but not least: Wir als Gymnasium am Waldhof sind inzwischen eine von nur zwei Schulen, in denen Tilman Röhrig noch Lesungen durchführt, und fühlen uns geehrt.

Auch in diesem Jahr entblätterte sich nach und nach die beeindruckende Pointe von "Thoms Bericht" für die Zuhörenden. Und die darf natürlich nicht verraten werden.

Ansprechpartnerin für Autorenlesungen am GaW ist Frau Müller-Dierks.

 

 

Sabine Hönicke